Aufklärungspflicht bei nur relativer Indikation eines operativen Eingriffs.

Ein Belegarzt riet einem Krankenhaus-Patienten zu einer operativen Ver-sorgung des verengten Wirbelkanals der Lendenwirbelsäule und führte den Eingriff aus. Nach der Operation stellten sich neurologische Ausfälle in beiden Beinen des Klägers ein. Er war nicht mehr in der Lage, das gestreckte Bein anzuheben. Zudem zeigten sich Lähmungen beim Heben und Senken der Füße, eine Blasenentleerungsstörung, und eine Störung der Sexualfunktion. Der Patient leidet dauerhaft an einer chroni-schen inkompletten Kaudalähmung mit Gefühlsstörungen im Bereich der Beine und Füße sowie an Schmerzen im Operationsbereich und entwickelte eine Depression. Er kann nur kurze Strecken mit Gehilfen zurücklegen und ist im Übrigen auf einen Rollstuhl angewiesen.

Auf seine Haftungsklage gegen den Belegarzt sprach ihm das OLG ma-teriellen Schadensersatz in Höhe von ca. 34.500,00 € und ein Schmer-zensgeld in Höhe von 75.000,00 € zu. Für den vorgenommenen operati-ven Eingriff habe mangels neurologischer Ausfallerscheinungen beim Kläger nur eine relative Indikation bestanden. Alternativ habe die konser-vative Behandlung als echt Behandlungsalternative fortgesetzt werden können. Hierüber habe der Operateur den Kläger nicht aufgeklärt.

Nach der Rechtsprechung sei die Wahl der Behandlungsmethode zwar primär Sache des Arztes, so das Gericht. Gebe es aber mehrere Be-handlungsmöglichkeiten mit echter Wahlmöglichkeit des Patienten, müs-se durch eine entsprechend vollständige Aufklärung diesem die Ent-scheidung überlassen werden, auf welchem Weg die Behandlung erfol-gen soll und auf welches Risiko er sich einlassen möchte. Je weniger dringlich sich der Eingriff nach medizinischer Indikation und Heilungsaus-sicht darstelle, desto weitgehender seien Maß und Genauigkeitsgrad der Aufklärungspflicht. So sei bei einer nur relativ indizierten Operation regel-mäßig auch eine Aufklärung über die Möglichkeit einer abwartenden Behandlung oder das Nichtstun geboten.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 15.12.2017 – I-26 U 3/14